Freitag, 11. April 2025

Landeshauptstadt verlegt Stolpersteine in Alt-Saarbrücken und St. Johann

Die Landeshauptstadt Saarbrücken hat am Freitag, 11. April, sieben Stolpersteine in den Stadtteilen Alt-Saarbrücken und St. Johann verlegt.

Stolpersteine Irene Bernhard und Leander Bernhard - LHS

Stolpersteine Irene Bernhard und Leander Bernhard - LHS

Stolpersteine Irene Bernhard und Leander Bernhard - LHS

Sie erinnern an die Inhaftierung und Ermordung von Saarbrücker Mitbürgerinnen und Mitbürgern durch die Nationalsozialisten sowie an geleisteten Widerstand gegen das Gewaltregime.

Die Gedenksteine würdigen Irene und Leander Bernard in der Reuterstraße 22, Ludwig, Martha und Ruth Stern in der Goethestraße 1 sowie Wilhelm Maximilian und Elisabetha Rose in der Sulzbachstraße 22.

Irene und Leander Bernard

Irene und Leander Bernard engagierten sich beim Aufbau der „Roten Hilfe“, sammelten nach Hitlers Machtergreifung 1933 Spendengelder und Lebensmittel zur Unterstützung der Emigranten, die aus dem Reichsgebiet ins Saargebiet kamen. Einige der Flüchtlinge beherbergte und verköstigte das junge Ehepaar in seiner Wohnung, obwohl das eigene Geld oft knapp war.

Da die Anfeindungen gegen Jüdinnen und Juden immer größer wurden, beschloss die Familie schließlich, nach Frankreich zu gehen. Dort war sie im kommunistischen Widerstand. Unter anderem organisierte sie konspirative Treffen und druckte Flugblätter. Irene und Leander Bernard halfen Verfolgten bei der Versorgung, beschafften Ausweispapiere, Arbeitserlaubnisse und Wohnraum.

Nach dem Krieg kehrte die Familie nach Saarbrücken zurück. Irene Bernard engagierte sich in Saarbrücken aktiv in der Friedens- und Frauenbewegung, vor allem im Demokratischen Frauenbund Saar, in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und bei der Durchführung antifaschistischer Stadtrundfahrten. 1988 erhielt sie für ihr außergewöhnliches Engagement den Saarländischen Verdienstorden.

Auch Leander Bernard widmete sein weiteres Leben der Politik und der Friedensbewegung. Er arbeitete als Verlagsleiter, Redakteur und Geschäftsführer der Friedensbewegung Saar.

Ludwig, Martha und Ruth Stern

Das Ehepaar Martha und Ludwig Stern betrieb in Saarbrücken einen Textilwarenladen. Aufgrund der Gewaltherrschaft des NS-Regimes war die jüdische Familie gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Der 16-jährige Sohn Walter Stern emigrierte 1936 nach Palästina. Das Ehepaar floh später mit seiner Tochter Ruth nach Thüringen. Der letzte Brief von Martha Stern an ihren Sohn Walter ist auf März 1942 datiert.

Am 10. Mai 1942 wurden Ludwig, Martha und Ruth Stern in das Ghetto Belzyce deportiert.

Dieses wurde am 22. Mai 1942 aufgelöst und die letzten verbliebenen Gefangenen wurden in die Vernichtungslager deportiert. Weder der Todesort noch das genaue Todesdatum der Familienmitglieder konnten daher bisher ermittelt werden.

Wilhelm Maximilian und Elisabetha Rose

Elisabetha und Wilhelm Maximilian Rose heirateten im Jahr 1921. Elisabetha Rose war Dolmetscherin, ihr Mann war promovierter Naturwissenschaftler und Apotheker. Wilhelm Maximilian Rose betrieb ein eigenes Forschungslabor und arbeitete als Dozent. Nach dem Anschluss des Saargebietes an Hitler-Deutschland 1935 verlor Rose seine Dozentenstelle und sämtliche Geschäftsverbindungen brachen ab.

Die Familie emigrierte zunächst nach Straßburg. Zwar konnte Rose zunächst noch für kleinere Seifenfabriken arbeiten, das Geld reichte jedoch kaum zum Überleben. Nach dem Kriegsausbruch musste die Familie Straßburg verlassen und fand zunächst Unterkunft in Châteauroux und Larche. Elisabetha Rose verstarb am 19. März 1941 in La Feuillade in der Dordogne.

Wilhelm Maximilian Rose versteckte sich bei seinem Sohn Rolf in Caussade, um den Judendeportationen zu entgehen. Ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen war ausgeschlossen. In der Nacht vom 26. auf den 27. Juni 1944 erlitt er einen tödlichen Herzanfall.

OB Conradt: „Es liegt in unserer Verantwortung, zu erinnern!“

"Sie nennen die Opfer des NS-Regimes in unserer direkten Nachbarschaft beim Namen." Oberbürgermeister Uwe Conradt

Oberbürgermeister Uwe Conradt: „Die Stolpersteine sind ein sichtbares Zeichen dafür, was passieren kann, wenn sich eine Gesellschaft von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt. Sie nennen die Opfer des NS-Regimes in unserer direkten Nachbarschaft beim Namen und tragen somit wesentlich zu einer präsenten Erinnerungskultur bei. Es liegt in unserer Verantwortung, zu erinnern!“

Der Oberbürgermeister begrüßte die Gäste an den jeweiligen Stationen und bedankte sich bei den Angehörigen der Familien, die aus der Schweiz, Österreich und Spanien angereist waren, sowie bei den Schülerinnen und Schülern der Günther-Wöhe-Schule, die sich intensiv mit den Biografien von Irene und Leander Bernard auseinandergesetzt haben. Außerdem waren unter anderem Vertreterinnen und Vertreter der Synagogengemeinde Saar und der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung anwesend.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amts für Straßenbau und Verkehrsinfrastruktur der Landeshauptstadt haben die Steine verlegt. Der Leiter des Stadtarchivs, Dr. Hans-Christian Herrmann, begleitete die Verlegung der Stolpersteine fachlich.

Verlegung weiterer Stolpersteine in diesem Jahr

Die Veranstaltung ist Teil einer großen Verlegungsaktion in diesem Jahr. Der Stadtrat der Landeshauptstadt Saarbrücken hatte in seiner Sitzung vom 7. Mai 2024 die Verlegung von insgesamt 17 weiteren Stolpersteinen beschlossen.

Im Rahmen zweier Veranstaltungen am 27. Mai und am 27. August werden Stolpersteine in den Stadtteilen Bischmisheim, Brebach und Eschringen sowie Altenkessel und Burbach verlegt.

Hintergrund

Der Künstler Gunter Demnig begann 1992 damit, Stolpersteine zu verlegen. Seit 2005 ist das Projekt patentiert. Die abgerundeten, quadratischen Messingtafeln sind mit eingravierten Lettern versehen und auf einem Betonwürfel angebracht. In den meisten Fällen werden sie vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der Personen, an die sie erinnern, auf ebener Höhe in den Gehweg eingelegt. Auf diese Weise soll Opfern des Nationalsozialismus gedacht werden, die verfolgt, vertrieben und ermordet wurden. In der Landeshauptstadt Saarbrücken wurden im Jahr 2010 die ersten Stolpersteine verlegt.

Ausführliche Biografien finden Interessierte auf der Webseite zur Erinnerungskultur in Saarbrücken.

Pressedownload

Pressefotos stehen für redaktionelle Zwecke unter Angabe der Quelle „Landeshauptstadt Saarbrücken“ kostenfrei zur Verfügung.