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Busflotte mit Assistenzsystem für seheingeschränkte und blinde Fahrgäste ausgestattet
Mit dem Informations- und Orientierungssystem „Intros“ hat die Saarbahn in einem mehrstufigen Projekt eine innovative Lösung mit Betroffenen für Betroffene umgesetzt. Das größte Verkehrsunternehmen des Saarlandes hat 182 Busse mit dem Mobilitätsassistenzsystem ausgestattet. Die innovative Kombination von App- und Fahrzeug-Lösung unterstützt seheingeschränkte und blinde Fahrgäste in ihrer selbstbestimmten Mobilität. Deutschlandweit kommt dieses System erstmalig flächendeckend in Saarbrücken zum Einsatz. Das saarländische Mobilitätsministerium fördert das Leuchtturmprojekt mit 355.000 Euro.
Von Anfang an mit dabei war Heinz-Peter Engels, Mitglied des Blinden- und Sehbehindertenvereins für das Saarland und Vertreter des Behindertenbeirates der Landeshauptstadt Saarbrücken: „Ich habe mich bereits während der Testphase über das neue Angebot gefreut. Selbst an stärker frequentierten Haltestellen kann ich so eigenständig den Bus nutzen, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Diese Mobilität bedeutet für mich ein Stück Lebensqualität“, sagt Engels.
Barrierefrei in Echtzeit
„Um leichter Busfahren zu können, bedient der blinde oder seheingeschränkte Fahrgast die App Intros auf seinem Smartphone, über die er mit dem Fahrzeug digital interagieren kann. Diese Interaktion wird durch ein Fahrzeug- und Audiomodul möglich“, erklärt Torsten Burgardt, Leiter Infrastruktur bei der Saarbahn. Via App könne der Fahrgast beispielsweise bequem seinen Einsteigewunsch an den Fahrerplatz übermitteln. Ein akustisches Signal lotse dann zur geöffneten Tür. Während der Fahrt könne sich der Fahrgast Echtzeitinformationen einholen und so beispielsweise den Fahrtverlauf ansagen lassen. „Wer kein Smartphone hat, kann in Kürze alternativ auch einen Handsender nutzen“, so Burgardt weiter.
Erprobtes Konzept
„Uns war von Anfang an wichtig, dass der Nutzer im Mittelpunkt des Projektes steht“, erklärt Katharina Meßner-Schalk, Leiterin Stabsstelle Strategische Projekte bei der Saarbahn. „Vom Pilotbetrieb bis zum Serieneinbau, während aller Projektphasen haben wir auf eine enge Einbindung von blinden- und seheingeschränkten Fahrgästen gesetzt.“ Gemeinsam mit Testnutzern sei der Einsatz des Mobilitätsassistenzsystems erprobt und weiterentwickelt worden. „Von dem Angebot könnten weitere Nutzergruppen profitieren, beispielsweise Senioren, aber auch Analphabeten oder Personen, die aufgrund geistiger Behinderung die herkömmliche Fahrgastinformation nicht nutzen können“, so Meßner-Schalk weiter.
Barrierefreier ÖPNV ist zentrales Handlungsfeld für Mobilitätsministerium
Barrierefreiheit ist als besonders wichtiges Handlungsfeld im Verkehrsentwicklungsplan definiert. „Mit Intros beseitigen wir im Saarland weiter Zugangshürden und ermöglichen Menschen, die im Alltag besonders herausgefordert sind, selbstbestimmte Mobilität. Nur wenn das Thema Barrierefreiheit bei allen Akteuren im ÖPNV oberste Priorität hat, werden wir das Anliegen, allen Saarländerinnen und Saarländern uneingeschränkten Zugang zu unseren Nahverkehrsangeboten zu ermöglichen, verwirklichen können. Ich danke der Saarbahn für ihr Engagement und freue mich, dass wir mit unserer Förderung von 75 Prozent der Kosten einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen dieses Projekts leisten konnten“, erläutert Astrid Klug, zuständige Abteilungsleiterin des Mobilitätsministeriums.
Selbstbestimmte Mobilität
Saarbahn-Geschäftsführer Karsten Nagel ist überzeugt: „Mit der Einführung des Systems kann insbesondere unseren blinden und seheingeschränkten Fahrgästen die Nutzung des ÖPNV erleichtert und ihre selbstbestimmte Mobilität gefördert werden. Unserem Ziel, eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit unserer Mobilitätsangebote zu erreichen, kommen wir damit noch ein Stück näher.“ Die jüngste Meldung, dass die Berliner Verkehrsbetriebe nachziehen und nach einer europaweiten Ausschreibung in den kommenden Monaten ebenfalls das System aufbauen, zeige, ebenso wie die lange Liste der zwischenzeitlich gestarteten Testbetriebe, dass mit dem Projekt ein wichtiges Branchenthema angegangen worden sei, so Nagel weiter. „Allen Mitwirkenden, die seit dem Start des Pilotprojektes 2020 zum Gelingen beigetragen haben oder dies noch immer tun, danke ich sehr herzlich.“
Kooperationspartner des Projektes ist die Trapeze Switzerland GmbH in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband.
Weitere Infos unter www.saarbahn.de/mobilitaetsassistenzsystem
Hintergrund:
Der Zuschlag für ein barrierefreies Informations- und Orientierungssystem für die Busflotte der Saarbahn, die 40 Bus- und 49 Schulbuslinien umfasst, ist im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung an Trapeze Switzerland GmbH erteilt worden. Vorangegangen war in den Jahren 2020 und 2021 ein Pilotprojekt der Saarbahn, unterstützt vom Blinden- und Sehbehindertenverein für das Saarland e. V., der hauptamtlichen Behindertenbeauftragten und dem Behindertenbeirat der Landeshauptstadt Saarbrücken, um ein barrierefreies Informations- und Orientierungssystem gemeinsam mit Testnutzern zur erproben.
Die für den GoLive in Saarbrücken weiterentwickelte Version der Intros-App „ÖV Radar“ des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbands steht zum kostenlosen Herunterladen ab dem 20. November 2024 im App Store beziehungsweise im Google Play Store zur Verfügung. Für die Nutzung der Bluetooth-basierten Funktionen bedarf es eines Smartphones mit BLE 4.2 und höher sowie einem aktuellen Betriebssystem iOS oder Android. Wichtige Funktionen können alternativ auch über einen Handsender angefordert werden, der in Kürze integriert wird.
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